Gekonnt steuerte der Unfehlbare sein Gefährt über den Julier, konnte er dank neuer Brille endlich die Strasse sehen. Deshalb wurde es auch niemandem schlecht und die Stimmung war ausgesprochen gut. Das lag bestimmt auch an der Vorfreude auf den nächsten Tag, denn es galt den Piz Morteratsch zu besteigen.
Natürlich waren wir nicht alleine unterwegs, das wäre glatter Selbstmord gewesen, unser Lieblingsbergführer Gian wurde ausgekoren uns zu begleiten. Ausgangspunkt war Morteratsch von wo aus wir auf die Schneebedeckten Gipfel des Palü sahen, der sich majestätisch vor uns auftürmte. Zumindest für mich war es das erste mal dass ich diese imposante Kulisse so nah vor mir sah. Das Wetter konnte besser nicht sein und so machten wir uns auf den Weg zur Bovalhütte. Die Aussicht zu beschreiben die sich dabei bot, ist schwer in Worte zu fassen. Der sterbende Morteratschgletscher hatte eine beeindruckende Grösse und war mit seinen Spalten und Windungen spektakulär anzusehen. Und gleich dahinter türmten sich Graubündens Bergriesen auf, imposant und ganz in weiss. In der Hütte angekommen stärkten wir uns bei einem Kohlenhydratreichen Mahl, das aus Suppe, Älplermaccaroni und einem Schoggimus bestand. Darüber waren wir sehr glücklich, denn das Schreckensgespenst Griesotto war noch allgegenwärtig. Kurz vor dem zu Bette gehen kam auch Gian in der Hütte an und ich hatte das Gefühl, dass er nicht zum ersten mal da war. Die Nacht war kurzweilig, denn ich schlief ausgezeichnet. Kein Wunder, denn wir waren zu viert in einem Zimmer für etwa 25 Personen und meine furzenden Nachbarn waren angenehm weit weg.
Am Morgen montierten wir unsere Stirnlampen und marschierten im Gänsemarsch in Richtung Fuorcla Boval. An der Spitze ging natürlich Gian, der ein angenehmes Tempo einschlug. Denn hier galt es uns Heissporne zu bremsen, ansonsten wären wir in einem Höllentempo losgelaufen und hätten unsere Energie bereits hier unnötig verpufft. Als die Sonne aufging befanden wir uns bereits unter dem Felsband, das unterhalb der Fuorcla Boval liegt. Dort seilten wir uns an und kletterten zu Fuorcla hinauf, immer gesichert von Gian, der seine Sache flink und professionell erledigte. Auf der Fuorcla Boval (3347m) stärkten wir uns und wie so oft merkten wir, dass wir viel zu viel Essen mitgenommen haben. Sehr zur Belustigung des Gian, dessen Rucksack nun fast leer und daher leicht war.
Dann kam eine Premiere, weil es für mich das erste mal war. Wir zogen die Steigeisen an und nahmen den Pickel in die Hand. Angeleint marschierten wir wieder los, unterhalb des Grates über den Gletscher, dann steil hinauf zu den grossen Schneeflanken des Morteratsch. Von unten sehen die bedeutend kleiner aus, denn nun marschierten wir eine ganze Weile der Flanke hinauf. Gian tat auch hier was er am besten kann. Er lief unermüdlich voran und trat schöne Spuren in den Schnee. Dies war wohl das anstrengendste Stück der Tour und als wir auf dem Grat ankamen war ich ganz schön ausser Atem. Zum Gipfel waren es dann nur noch ein paar Meter und als wir endlich oben waren konnten wir endlich das Panorama geniessen. Dieses war schlicht phänomenal, man hatte solch eine Weitsicht dass man sogar den Mont Blanc sehen konnte. Nur Martin sah wahrscheinlich nicht so weit, da er seine Brille nicht anhatte. Aber auch die Nahsicht war einfach atemberaubend, man sah die steilen Hänge des Roseg, den mächtigen Palü, den Blaisunverschnitt Zupo und natürlich den Bernina mit seinem Biancograt um nur einige zu nennen. Demütig erkannten wir die Nichtigkeit unseres Seins und stiegen wieder den Berg hinunter. Der Abstieg zur Tschiervahütte war insgesamt kurz und schmerzlos. Dort löschten wir kurz unseren Durst um dann wieder weiter zu Tale zu steigen. Beim Restaurant Roseg trafen wir viele gleichgesinnte Wanderfreunde an. Wir fühlten uns wie Könige und fuhren darum mit der Kutsche nach Pontresina zurück.
Das war also die Geschichte unserer ersten kombinierten alpinen Tour. Es war ein denkwürdiger Tag, nicht nur weil die Tour einfach der Hammer war, sondern auch weil das Gr3000 Projekt an diesem Tage sein einjähriges Jubiläum feiern durfte.
Die Bergsteigerfrauen zeigten bei dieser Gelegenheit, dass sie nicht nur eine gute Figur haben, sondern durchaus auch in der Küche eine gute Figur machen. Denn bei unserer Rückkehr erwarteten uns Olivia und Daniela mit einem leckeren, selbstgemachten Jubiläumskuchen. Echte Traumfrauen eben.
Zum Schluss noch ein spezielles Dankeschön an Gian, ohne den wir diese Tour niemals durchführen hätten können oder jetzt bestimmt noch in einer Gletscherspalte „versenkt“ wären und an unseren Vorräten knabbern müssten.
D’Bündner Berga sind eifach z’kli für dia drei Steiböck! Hend iar ganz geil gmacht!
Hey markus, du unerschrockene;) häsch nöd z’viel versproche, isch ja a-b-a-r-t-i-g schön…
Einfach geil! Ich küsse dich, blonder Bengel!