Piz d’Err und Castalegns

Überflüssige Kilometer gegen überflüssige Pfunde

Es war eine absurde Szene die man frühmorgens auf der Alp Flix beobachten konnte. Martin stand vor einem gottverlassenen Ticketautomaten inmitten von Kuhwiesen und warf Geld in die offensichtlich abgestellte Maschine. Zwar hatte Martin danach kein Parkticket für sein Auto, jedoch ein reines Gewissen.
Bei Tgalucas (1969m) begann unsere erste Tour dieses Sommers, wobei wir nur zu zweit waren, Martin hatte glücklicherweise ein paar Tage frei und so beschlossen wir spontan den Piz d’Err und den Castalegns zu besteigen.
Immer dem Weg folgend hielten wir gegen das Tälchen Tellers Dafora, südlich des Castalegns. Auf etwa 2400m bogen wir rechts ins Tellers Dafora ab. Malerisch lag da ein kleiner See, welcher von Martin professionell mit einer Digitalkamera festgehalten wurde. Dieses Idyll wurde noch verstärkt durch einen dicken Hasen, der solch frühen Besuch wohl nicht gewohnt war und vor uns davonhoppelte.

Unter dem Castalegns rechts vorbei führt eine „kaum enden wollende Geröllhalde“ welche wir nach einem kräftigen Schluck Wasser mit Freude in Angriff nahmen. Ein paar lange Minuten Spulen und Schwitzen später war auch dieser Hang bezwungen und wir befanden uns hechelnd auf dem Punkt 2970. Von da an gelangten wir ohne Mühe auf den Castalegns, wo wir eine kurze Rast einlegten und unser zweites Tagesziel, den Piz d‘Err anvisierten.
Danach gings wieder runter auf p.2970 und unter ein Couloir rechts des Verbindungsgrates. Dort wurden Steigeisen montiert, wobei Martin zu meiner Verwunderung moderne Steigeisen benützte. Es galt nun über dieses kleine Couloir auf den Gletscher des Err zu kommen. Dies erwies sich als nicht ganz so unanstrengend wie es aus der Ferne ausgesehen hatte. Das Couloir war steil und der Schnee war weich und tief. Es erforderte einiges an Spurtechnischem Geschick um nicht auf der Stelle zu treten. Meine sündhaft teuren neuen Trekkinghosen waren leider nicht Wasserdicht und so fror ich bald schrecklich an meinen Beinchen. Zudem herrschte erhöhte Steinschlaggefahr und zu allem Übel schürfte ich mir meine Finger am rasiermesserscharfen Schnee auf. Die Wunden haben sich danach auch schrecklich entzündet, wie es uns Gian bei der Gletscherausbildung vorausgesagt hat. Ich habe es auf die harte Tour gelernt: Immer Handschuhe auf im Schnee!! Und zu guter Letzt hakten die ungeliebten Steigeisen zweimal in meine neuen Hosen ein, so dass ich jetzt an jedem Hosenbein der neuen Hosen ein neues Belüftungsloch habe. Endlich auf dem Gletscher war der Spuk aber noch nicht vorbei. Entlang dem Rand mussten wir durch mittlerweile weichgewordenen Schnee wate. Dabei zeigte sich, dass Martin in guter physischer Verfassung ist. Er spurte wie ein Pflug, während ich eher wie ein verletztes Reh im Schnee spulte und schnaufte. Durch ein Couloir westlich des Piz d‘Err gelangten wir schliesslich auf den Gipfel wo uns bei gutem Wetter ein herrliches Panorma erwartete. Der Abstieg erfolgte gelenkschonend über ein Schneefeld ins Tellers Davains. Problemlos fanden wir den Weg welcher uns zurück zum Parkplatz bei Tgalucas führte. Dort versuchten zwei Hirschkühe die Strasse zu überqueren. Sie scheiterten aber an einer Mauer und ihrer Angst, so dass sie etwas ratlos wieder zurück in den Wald hüpften. Ein gutes Beispiel für die negativen Auswirkungen der Habitatfragmentierung durch Strassen und Zäune.

Aufstieg: Tgalucas – Tellers Dafora – p2970 – Castalegns – Piz d’Err
Abstieg: Tellers Davains – Tgalucas
Datum: 15.07.2011
Dauer: Aufstieg ca. 4.5 h
Abstieg 2 h
Schwierigkeit: WS
Höhe: Castalegns 3021m
Piz d’Err 3378m
Höhenmeter: ca. 1600m (Aufstieg)
ca. 1400m (Abstieg)
die Besteiger: Martin und Markus

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