Felsakrobaten
Kaum zu glauben, aber das gr3000 Team hat es mit dieser Tour geschafft bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres in Originalbesetzung einen Berg zu besteigen – Rekord!
Zu einer völlig unmenschlichen Zeit starteten wir am Ausgangspunkt Naz, oberhalb von Bergün. Mein dringend nötiges Schlafpensum von mindestens neun Stunden pro Nacht wurde nicht mal zur Hälfte erreicht, dementsprechend war auch meine Laune. Diese besserte sich jedoch ein wenig, als es etwas heller wurde und ich die Landschaft des wunderschönen Val Mulix erblickte. Wildes Gebüsch wuchert beidseits eines wilden Flusses, der das malerische Tal teilt. Auf der linken Seite (in Fliessrichtung) des Flusses verläuft ein Weg. Martin schien jedoch vom Jagdinstinkt gepackt und folgte einem Wildwechsel auf der rechten Seite, der sich bald in unwegsamen Gelände mit Morast und Legföhren verlor. Wie Schafe, die einem Leithammel gefolgt waren, standen auch wir plötzlich in der Pampa. Doch der richtige Weg war bald erspäht und wir hielten darauf zu. Den Fluss ohne Brücke zu überqueren bereitete etwas Mühe, jedoch schafften es am Schluss alle und wir waren wieder auf Kurs. Oberhalb der Alp Mulix verliessen wir den Weg und steuerten direkt auf die Felsbänder zu. Auf einem Gras-Streifen erklommen wir die Ebene oberhalb der Alp Mulix. Die Sonne war mittlerweile aufgegangen und verstrahlte unsere Köpfe und erwärmte langsam den Schnee, auf welchem wir in die Höhe zu steigen gedenkten. Steigeisen wurden montiert, deren Wirkung im wesentlichen darin bestand Kraft pro Quadratzentimeter Auftrittsfläche zu reduzieren. Man sank also nicht mehr so tief ein, denn der Schnee war schon ganz schön nass für diese Uhrzeit. Martin spurte in der Folge im TGV-Tempo unterhalb der Fuarcla da Bever und hinterliess keuchende Freunde. Erwähenenswert: Ein riesiger Abdruck im Schnee, der eventuell der eines grossen Raubtieres (Wolf, streunender Wolfshund) gewesen sein könnte.
Wir bestiegen den Piz Laviner ohne Schwieigkeiten von Norden über den Punkt 3052. Von da aus sah man bereits unser nächstes Ziel, den Piz d’ Alp Val, dessen Hauptgipfel man nur schwer ausmachen kann. Der Abstieg zur Fuorcla da Bever erfolgt zunächst über ein steiles Couloir auf der Westseite. Vorsicht Steinschlaggefahr, dicht hintereinander absteigen!
Über die Fuorcla da Bever gelangten wir unterhalb des Piz d’Alp Val. Der Einstieg war schwierig zu finden, doch zum Glück hatten wir Martin dabei. Mit Adlerauge und einem ausserordentlichen Orientierungssinn ausgestattet, vermochte er uns in das richtige Aufstiegscouloir zu führen (oder gibt es am Ende mehrere?). Nach kurzer Kraxelei wurde die Gefahr eines Todessturzes erheblich grösser und wir seilten uns an. Weiter gings rechtsseitig des Couloirs in gemütlicher Kletterei (II+ in rüchigem Fels) auf den Gipfel. Eine kurze Stärkung hob die Laune und wir waren guten Mutes am selben Tage auch noch den Piz Bial zu besteigen. Doch da haben wir die Rechnung ohne den Abstieg gemacht. Keine Ahnung ob ich die falsche Route gewählt habe, auf jedenfall gestaltete sich der Abstieg zum Verbindungsgrat zum Piz Bial um einiges Mühsamer als der Aufstieg. Unsere fehlende Routine in den Felsen machte sich hier deutlich bemerkbar und gab uns schon einen kleinen Vorgeschmack auf das, was uns beim Scerscen widerfahren sollte. Doch dazu später. Technisch war der Abstieg durchaus machbar, aber für uns schon ein wenig fordernd. Daher war unser Tempo eher bescheiden und wir benötigten Stunden bis wir auf dem Grat zum Piz Bial standen. Am Ende waren wir neun Stunden unterwegs. Da noch ein Fussballspiel anstand, beschlossen wir nach Hause zurückzukehren, der Bial liesse sich auch später noch besteigen. Und neun Stunden Training für den Scercen seien auch genug, so der Tenor des gr3000 Teams. Direkt beim Punkt 3033 verläuft ein Couloir bis ins Val Mulix, durch welches wir abstiegen und bald wieder in Naz waren.
Aufstieg: | Naz – Val Mulix – Alp Mulix – Sur la Crappa – Piz Laviner(3137m) – Fuorcla da Bever – Piz d’Alp Val |
Abstieg: | Pt3033 – Naz |
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