Scalettahorn

Goldsegen im Dischmatal und am Ende lacht das Scalettahorn

Gewappnet mit Spiegelreflexkamera und gr3000 Eifer schlenderte ich von Dürrboden Richtung Scalettapass hinauf. Es war ein lauwarmer Herbsttag, welcher Erinnerungen wach rief an vergangene Sommerbesteigungen mit T-Shirt und Shorts. So genoss ich in vollen Zügen bei marschem Tritt die kräftigen melanscholischen Farben des Herbstes. Zuerst säumten goldende Lärchen und Arven die im Winter wegen Lawinengefahr gesperrte Strasse hinauf zur letzten Einkehrmöglichkeit im Dischmatal. Weiter oben lag ab ca. 2500m knietiefer Schnee, welcher sich vor allem in den Nordhängen hartnäckig zeigte. Oben auf dem Scalettapass auf 2606m – bei Transalp Bikern bestens bekannt – konnte ich auf zahlreiche zukünftige 3000-Gipfelziele blicken. Bocktenhorn, Augstenhüreli, Chüealphorn etc., alle waren in greifbarer Nähe. Doch die schlechten Verhältnisse und die Tatsache, dass die Uhr bereits etwas nach eins anzeigte, schränkten mein Vorhaben stark ein. So stand plötzlich das Scalettahorn auf dem Tagesprogramm. Ein Berg, der überwiegend im Winter begangen wird und dessen steile Nordseite im Frühling manchmal von waghalsigen Skifahrern in Angriff genommen wird. Daher erstaunte es mich nicht, dass ich Skispuren auf dem spaltenarmen Gletscher sah. Der Aufstieg von Westen her am linken Gletscherrand gestaltete sich sehr angenehm und so erreichte ich mühelos den Nordwestgrat. Das härteste Stück lag nun vor mir, die letzten paar Meter gleich unterhalb des Gipfels. Die nicht tragende Schneeschicht, die schweisstreibende Höhenluft und die ca. 40°-Neigung liessen meine Oberschenkel so richtig übersäuren. (Ein Appell an meine Kondition, die sich wahrscheinlich immer noch in Stockholm amüsiert…)

Oben auf 3086m erfuhr ich einmal mehr die ganze Schönheit und Potenz der Natur. Ich blickte in die unendliche Weite einer schneebedeckten Bergwelt, an der ich mich hoffentlich noch unzählige Male erfreuen werde. Kurz gesagt, ich fühlte mich geborgen in der Einsamkeit und Abgeschiedenheit.

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Piz Morteratsch

Gekonnt steuerte der Unfehlbare sein Gefährt über den Julier, konnte er dank neuer Brille endlich die Strasse sehen. Deshalb wurde es auch niemandem schlecht und die Stimmung war ausgesprochen gut. Das lag bestimmt auch an der Vorfreude auf den nächsten Tag, denn es galt den Piz Morteratsch zu besteigen.

Natürlich waren wir nicht alleine unterwegs, das wäre glatter Selbstmord gewesen, unser Lieblingsbergführer Gian wurde ausgekoren uns zu begleiten. Ausgangspunkt war Morteratsch von wo aus wir auf die Schneebedeckten Gipfel des Palü sahen, der sich majestätisch vor uns auftürmte. Zumindest für mich war es das erste mal dass ich diese imposante Kulisse so nah vor mir sah. Das Wetter konnte besser nicht sein und so machten wir uns auf den Weg zur Bovalhütte. Die Aussicht zu beschreiben die sich dabei bot, ist schwer in Worte zu fassen. Der sterbende Morteratschgletscher hatte eine beeindruckende Grösse und war mit seinen Spalten und Windungen spektakulär anzusehen. Und gleich dahinter türmten sich Graubündens Bergriesen auf, imposant und ganz in weiss. In der Hütte angekommen stärkten wir uns bei einem Kohlenhydratreichen Mahl, das aus Suppe, Älplermaccaroni und einem Schoggimus bestand. Darüber waren wir sehr glücklich, denn das Schreckensgespenst Griesotto war noch allgegenwärtig. Kurz vor dem zu Bette gehen kam auch Gian in der Hütte an und ich hatte das Gefühl, dass er nicht zum ersten mal da war. Die Nacht war kurzweilig, denn ich schlief ausgezeichnet. Kein Wunder, denn wir waren zu viert in einem Zimmer für etwa 25 Personen und meine furzenden Nachbarn waren angenehm weit weg.

Am Morgen montierten wir unsere Stirnlampen und marschierten im Gänsemarsch in Richtung Fuorcla Boval. An der Spitze ging natürlich Gian, der ein angenehmes Tempo einschlug. Denn hier galt es uns Heissporne zu bremsen, ansonsten wären wir in einem Höllentempo losgelaufen und hätten unsere Energie bereits hier unnötig verpufft. Als die Sonne aufging befanden wir uns bereits unter dem Felsband, das unterhalb der Fuorcla Boval liegt. Dort seilten wir uns an und kletterten zu Fuorcla hinauf, immer gesichert von Gian, der seine Sache flink und professionell erledigte. Auf der Fuorcla Boval (3347m) stärkten wir uns und wie so oft merkten wir, dass wir viel zu viel Essen mitgenommen haben. Sehr zur Belustigung des Gian, dessen Rucksack nun fast leer und daher leicht war.

Dann kam eine Premiere, weil es für mich das erste mal war. Wir zogen die Steigeisen an und nahmen den Pickel in die Hand. Angeleint marschierten wir wieder los, unterhalb des Grates über den Gletscher, dann steil hinauf zu den grossen Schneeflanken des Morteratsch. Von unten sehen die bedeutend kleiner aus, denn nun marschierten wir eine ganze Weile der Flanke hinauf. Gian tat auch hier was er am besten kann. Er lief unermüdlich voran und trat schöne Spuren in den Schnee. Dies war wohl das anstrengendste Stück der Tour und als wir auf dem Grat ankamen war ich ganz schön ausser Atem. Zum Gipfel waren es dann nur noch ein paar Meter und als wir endlich oben waren konnten wir endlich das Panorama geniessen. Dieses war schlicht phänomenal, man hatte solch eine Weitsicht dass man sogar den Mont Blanc sehen konnte. Nur Martin sah wahrscheinlich nicht so weit, da er seine Brille nicht anhatte. Aber auch die Nahsicht war einfach atemberaubend, man sah die steilen Hänge des Roseg, den mächtigen Palü, den Blaisunverschnitt Zupo und natürlich den Bernina mit seinem Biancograt um nur einige zu nennen. Demütig erkannten wir die Nichtigkeit unseres Seins und stiegen wieder den Berg hinunter. Der Abstieg zur Tschiervahütte war insgesamt kurz und schmerzlos. Dort löschten wir kurz unseren Durst um dann wieder weiter zu Tale zu steigen. Beim Restaurant Roseg trafen wir viele gleichgesinnte Wanderfreunde an. Wir fühlten uns wie Könige und fuhren darum mit der Kutsche nach Pontresina zurück.

Das war also die Geschichte unserer ersten kombinierten alpinen Tour. Es war ein denkwürdiger Tag, nicht nur weil die Tour einfach der Hammer war, sondern auch weil das Gr3000 Projekt an diesem Tage sein einjähriges Jubiläum feiern durfte.
Die Bergsteigerfrauen zeigten bei dieser Gelegenheit, dass sie nicht nur eine gute Figur haben, sondern durchaus auch in der Küche eine gute Figur machen. Denn bei unserer Rückkehr erwarteten uns Olivia und Daniela mit einem leckeren, selbstgemachten Jubiläumskuchen. Echte Traumfrauen eben.

Zum Schluss noch ein spezielles Dankeschön an Gian, ohne den wir diese Tour niemals durchführen hätten können oder jetzt bestimmt noch in einer Gletscherspalte „versenkt“ wären und an unseren Vorräten knabbern müssten.

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Piz Lischana

Piz Lischana oder unterwegs mit Heidi & Geissenpeter

Offensichtlich folgten auf Piz d’Agnel weitere Ausflüge in die Bündner Gebirgswelt mit meinem, zum persönlichen (Semi-)Bergführer avancierten, Freund. Die Besteigung des Scuol’schen Hausberges Lischana verdient es wohl, auf der Seite erwähnt zu werden:

Für dieses Abenteuer habe ich mir nämlich Verstärkung organisiert: Meine langjährige Freundin Lili mit heimischer, besseren Hälfte Dani aus Vals (fraglich aber, ob die ehrenwerten Walsersiedler auch wirklich dem Kanton angehören, so pflegen sie für wahrlich eigenartige Redeweisen..). Auf jeden Fall, so ahnte ich, werde ich den Bergführer zufrieden stimmen: Sie, leidenschaftliches Pfadisli, aus einer Klettererfamilie stammend, ist wohl die Personifizierung von ‚bergtauglich‘. Er, ebenso passionierter Strahler und Quasi-Lokalmatador, schien dem Bergführer gar die Show zu stehlen! Und dann war da noch meine Wenigkeit. Dieses Mal mit properem Laufwerk- obschon, noch nicht elektronisch betrieben (analog dem E-Bike, mit welchem ich über den Stelvio zu cruisen pflegte)- und hightech Regenjacke ausgestattet (man beachte die schicke Farbkombination! Doch abermals: Keine Fashionreports..).

Die frühmorgendliche Berg- und Talfahrt bis ins idyllisch gelegene Unterengadin war schon recht heiter, und als uns in Scuol auch noch die Sonne begrüsste, konnte uns nichts mehr bremsen. Eilig schritten wir durch die traumhaften rchenwälder, über Stock und Stein, immer schön dem Pfad entlang (was mich doch sehr beruhigte), bis wir die, auf einem Felsvorsprung thronende, Luxus-SAC-Hütte Lischana, auf 2500m Höhe, erreichten. Ich bestand auf eine verdiente, kleine Pause, welche schlussendlich sogar ziemlich ausgedehnt wurde. Kein Wunder, bei der super Bewirtung durch Ralf, den Hüttenwart, der uns mit leckerer Suppe zu unserem, alles anderen als pauvren Picknick, verwöhnte. Einig beschlossen wir, noch vor Dämmerung zum Piz Lischana (3105m) aufzubrechen. Zwar befürchtete ich bereits eine Hetzjagd die Felsen empor, aber zu meiner Überraschung gestaltete sich der erste Teil des Aufstieges eher gemütlich (die Tatsache, dass uns Wanderer entgegenkamen, die, aufgrund heftiger Windböen, auf dem Grat Kehrt machten, stimmte mich etwas skeptisch. Aber mit wem sonst, wenn nicht mit dieser Truppe, dachte ich, kann ich Vorstadtballerina mich in Sicherheit wähnen!). Es folgten einige kleinere Klettereien (Dani wollte mich schon anseilen), die aber auch ich fast schon mit Bravour meisterte (nicht zuletzt dank kompetenten Tipps von Lili), und zu guter Letzt ein langer Grat bis zum turmartigen Gipfel (auf welchen ich vom Bergführer persönlich gehievt wurde). Der Gipfel lud aber leider keineswegs zum Verweilen ein, zumal es eher frisch war und ich mich davor fürchtete, von einem starken Windstoss erfasst, unfreiwillig zur Hütte hinunter katapultiert zu werden. Ausserdem zogen düstere Wolken am Horizont auf, welche dann wohl auch ausschlaggebend waren, dass wir uns für die Abkürzung durchs Couloir, welches direkt zur Hütte führte, entschieden. Dies entpuppte sich dann als doch eher kniffligeres Unterfangen, so waren die Hänge bis zu 45° steil! Nicht das ICH Angst gehabt hätte, aber meine Begleiter haben, gelinde gesagt, wohl etwas Nerven gebraucht. Aber mit der fürsorglichen Unterstützung des Chefs kam auch ich heil unten an, wo wir von einem halben Dutzend Steinböcken empfangen wurden, welche besonders meinen Begleiter in Entzücken versetzten. Von Dani ausführlich über die Gepflogenheiten der Bündner Steinbockjagd aufgeklärt, erreichten wir alle mit knurrenden Mägen bei wunderschöner Abendstimmung die Hütte- Just rechtzeitig zum delikaten Viergänger, liebevoll zubereitet und fürwahr ein Gaumenschmaus. Draussen unterdessen bahnte sich ein Gewitter an, welches auch noch die ganze Nacht hindurch wütete, uns aber, dick in Duvets eingelullt im komfortablem Viererschlag, ziemlich kalt liess. Lange in die Nacht hinein scherzten und lachten wir, den schlechten Wetteraussichten für Sonntag hiess es zu trotzen!

Erwartungsgemäss eher trüb war dann auch das morgendliche Erwachen. So frühstückten wir erstmal ausgiebig und hielten Lagebesprechung. Obschon man mich mit dem Versprechen, durch die Uinaschlucht abzusteigen, zum Wochenende gelockt hatte, sah ich ein, dass dies bei Dauerregen wohl eher weniger spassig sein würde. Lili war die einzige in der Runde, die sich für die Erklimmung weiterer Gipfel stark machte, was aber von den Herren missbilligt wurde. Diese schlugen relaxen im Bad Scuol vor, was schlussendlich von allen goutiert wurde. So gipfelte unser Abenteuer also, da Petrus uns einen Strich durch die Rechnung machte, im Bogn Engiadina. Val d’Uina wartet hoffentlich..

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