Zmuttgrat – Tagwache um 2.00
Die beiden Bergführer schliefen wohl einiges ruhiger als die Daniel und Martin, angesichts der bevorstehenden Tour. In voller Dunkelheit marschierten wir die wenigen Treppen nach der Hörnlihütte hoch, rechts am Einstieg zum Hörnligrat vorbei. Um das folgende Felsband nach oben zu durchqueren, musste der richtige Durchgang gefunden werden, was unseren Berführern aber trotz der Dunkelheit keine Mühe bereitete. Bald konnten wir gemütlich über die Terasse Richtung Zmuttgrat laufen, vorbei an der Nordwand des Matterhorns, die wir nur anhand der fehlenden Sterne erahnen konnte. Keine Ahnung wie, aber der richtige Einstieg die Schneeflanke hinauf zum eigentlichen Grat wurde gefunden, der Begrschrund problemlos überschritten und in flottem Trittschnee ging es auf rund 3700 Meter hinauf.
Die Dämmerung setzte nun am Horizont ein und im Kegel der Stirnlampen beginngen wir den angehnemen Schneegrat in Richtung des ersten Zmuttzahns 3895 Meter. Im immer heller werdenden Licht begann nun eine sehr angehneme und abweschlungsreiche Kletterei, meist in Fels, zum Teil auf Schnee, umgeben von imposanten Wänden und ebensolchen Tiefblicken. Die Überschreitung der Zmuttzähne und der weitere Aufstieg zur Schulter 4158 Meter efolgte mehr oder weniger dem Grat entlang, ab und zu auf die Ostseite ausweichend. Haken waren nur wenige vorhanden, doch da wir uns heute nicht selber um die Sicherung kümmer mussten, konnten wir uns voll und ganz auf uns selber konzentrieren.
Nach besagter Schulter steilt sich der Grat dermassen auf, dass der eigentliche Zmuttgrat verlassen wird und in der Westflanke umgangen wird. Ein erstes Band verleitet direkt nach der Schulter zu queren, doch unsere Bergführer haben sich auf ihre Erfahrung verlassen und so sind wir zuerst noch exponiert nach links ausgewichen, um erst auf dem zweiten Band die Querung zu beginnen. Im Nachgang zur Tour habe ich im Führer nachgelesen, dass genau dies empfohlen wird. Nun gut, die Querung auf dem Schnee gehört nicht gerade zu meinen Lieblingspassagen, war jedoch wohl einiges angenehmer als wenn man dies auf schuttigem Geröll machen muss, wenn denn kein Schnee mehr vorhanden ist. Darum wird diese Route üblicherweise auch im Frühjahr beganngen. Nach der Querung in die Westflanke steigt man an geeigneter Stelle mehr oder weniger gerade Richtung Gipfel einige Höhenmeter auf, um dann luftig zurück auf den eigentlichen Zmuttgrat zurückzukehren, der nicht mehr so steil wie direkt nach der Schulter ist. Zu meiner grossen Erleichterung gingen wir hier am langen Seil, das heisst das an geeigneter Stelle mit Friends, zweimal mit Eisschrauben, eine Zwischensicherung gelegt wurde und wir uns zügig voranbewegen konnten.
Den höchsten Punkt kann man nun erahnen, der Grat sieht im ersten Moment relativ einfach aus, aber es gilt doch noch ein paar Höhenmeter und Stufen zu überwinden, zum Teil ausweichend in die Nordflanke, unter dessen man die Nordwand des Matterhorns wähnen kann. Gross ist die Erleichterung jedoch, wenn man sich endlich am Gipfelkreuz anhängen und sich so mehr oder weniger bequem hinsetzten kann, um die ausserordentlichen Tiefblicke und das grossartige Panaorama – notabene bei bestem Wetter – geniessen kann. Wir hatten den Gipfel ganz für uns alleine. Am Berg haben wir auf dem Grat vom Rif. Carrell eine weitere Seilschaft gesehen, im Abstieg am Hörnligrat sind wir noch 8 weiteren Bergesteigern begegnet. Den 7 stündigen Aufstieg spürt man natürlich in den Knochen, doch die Bergführer ermahnen uns dass dies erst die Hälfte der gesamten Tour ist. Nach dem doch sehr exponierten Übergang vom Gipfelkreuz neben dem italienischen Gipfel auf den Schweizer Gipfel machen wir nochmals einige Fotos und beginnen mit langsamen Schritten das Dach des Matterhorns in Richtung der ersten Fixseile hinunterzusteigen.
Sobald wird diese erreicht haben, konnten wir uns einige Male abseilen. Der Rest der Tour war dann vor allem Abklettern in den Felsen, mühsame Querungen und Hinabsteigen in zum Teil sehr tiefen Schnee, welcher je nach Exposition aber auch eisig war, zwischendurch immer wieder Abseilen, weiter unten am Grat aber auch wiederholtes Rätselraten welches nun die richtigen Wegspuren sind.
Eine grössere Pause auf der Solvayhütte half trotz den Gerüchen, den Mut für den Weiterweg bis zur Hörnlihütte – welche fast die ganze Zeit vor Augen hat, und deswegen wohl die Distanz konstant unterschätzt – zu sammeln. 6 Stunden nach dem Betreten des Gipfels erreichten wir endlich wieder die Terasse der Hörnlihütte, wo wir uns nochmals kräftigten für den Abstieg bis zum Schwarzsee, wo wir unsere Velos parkiert hatten, um danach mehr oder weniger flüssig nach Täsch zurückzukehren.
Nach Abschlussessen im warmen Brig traten wir unsere Heimreise an, um später erschöpft und mit einem riesigen Erlebnis zufrieden einzuschlafen.
Wintertouren sind ja bekanntlich nicht mein Spezialgebiet. Das letzte mal, als ich auf den Skis stand war vor etwa zwei Jahren oder mehr. Doch als sich die Gelegenheit bot mit dem Flo zusammen eine Tour zu machen, konnte ich nicht ablehnen. Das Vorhaben sprach sich schnell rum, so dass sogar Alex seinen Bademantel mit einer dicken Skijacke tauschte und extra nach Graubünden reiste. Ebenfalls dabei waren der Weber, der Jan und sein Vater. Der Martin hatte dieselbe Tour Tage zuvor gemacht und von traumhaften Verhältnissen geschwärmt. Das wollten wir natürlich ausnützen.
Bei wunderschönem, sonnigem Wetter trafen wir uns in Juf, wo die Felle montiert und die Sonnencreme aufgetragen wurde. Jan und Alex waren “oldschool” unterwegs mit Snowboard und Schneeschuhen. Danach ging es geradeaus das Tal hinein in Richtung Piz Piot (3053), unser Tagesziel. Allen voraus der schweigsame Flo, dahinter folgten die etwas redseligeren Gruppenmitglieder. Danach immer steiler hinauf zum Piotjoch. Dabei zeigte sich, dass Vater Jan nicht das erste mal auf einer Skitour war und durchaus noch mit den „Jungen“ mithalten konnte. Vom Piotjoch weg wurde es noch steiler und eisig, so dass Harscheisen montiert werden mussten. Es war nicht ganz einfach für einen Anfänger wie mich in steilem Gebiet, welches zudem vereist war, eine Spizkehren-Drehung mit den Skis zu vollführen. Auch andere Mitglieder der Gruppe hatten Mühe aber nicht alle.
Dieses Stück war die Schlüsselstelle der ganzen Tour. Ich auf jedenfall hatte die Nase voll und trug meine Skis den Berg hinauf, wobei ich mich deutlich sicherer fühlte und auch ruckzuck oben war.
Auf dem Gipfel angekommen folgte eine kurze Rast. Als ich den Hang runterblickte durch welchen wir runterfahren sollten, gelangte ich zur Erkenntnis, dass dies nicht der maximalideale Hang für eine Testfahrt nach Jahren war…aber es half nichts, das Mittagessen wartete. Also musste man da runter. Und siehe da, es klappte erstaunlich gut. Die Verhältnisse waren traumhaft. Hüftschwünge wurden zelebriert, als wäre man in einer Diskothek. Die Abfahrt war sogar so traumhaft, dass Daniel, Flo, Jan und Alex den Hang nochmals hochstiegen um ihn ein zweites Mal zu befahren. Dass der Alex da mithalten konnte fand ich beeindruckend, da man anhand seines Lebensstils nicht auf solch Besteigungsqualitäten schliessen konnte. Ein Teufelskerl.
Meine Knie waren schon etwas müde, daher zog ich es vor mit Jans Vater direkt ins Tal zu fahren, Salto Mortale inklusive.
In Juf folgte der obligatorische Pommes-Schmaus, wobei sich herausstellte, dass Jan meine lieblings-App programiert hatte…nein, nicht die. Die andere.
Ein gelungener Tag und ich versöhnte mich mit der Aktivität „Skitouren“…fürs erste.
THX@ALEX4thePICS
28.06.2015
Oberhalb von Lavin trohnt der imposante Piz Linard, welchen man von weitherum sehen kann. Dieser Berg ist ein Klassiker und wir haben uns lange darauf gefreut, den Linard besteigen zu dürfen.
Es war klar, dass zu diesem speziellen Anlass auch unsere zwei Heimweh-Engadiner Andri und Flo dabei sein müssen. Andri hat den Linard schon einmal bestiegen, da war er aber noch ein Kind und mochte sich kaum mehr daran erinnern.
Daher besammelten wir uns alle am Vorabend auf dem Gästeparkplatz vor dem Dorfeingang von Lavin…naja, fast alle. Andri war zu dieser Zeit noch im Hagenholz.
Nachdem wir ein kurzes Gewitter abgewartet hatten, machten wir uns zunächst ohne Andri auf den Weg zur Chamanna dal Linard. Der Aufstieg zur Hütte war ein Genuss. Die untergehende Sonne schien durch die moosbewachsnenen Lärchen, welche vom Gewitter noch nass waren. Dadurch war die Szenerie in ein goldenes, kontrastreiches Licht getaucht. In der Hütte angekommen wurden wir vom Hüttenwart sogleich mit einem Willkommensschnaps begrüsst. Und als ob die Wettergötter es zuvor gut mit uns meinten, begann es wieder zu regnen. Andri drückte derweil auf die Tube und erreichte die Hütte gerade noch rechtzeitig zum Hauptgang des Nachtessens. Der Linard war leider in den Wolken versteckt, daher besprachen wir die Route anhand der aufgehängten Fotos. Es wurde entschieden, dass es zwei Gruppen geben sollte. Die eine Gruppe mit Andri, Flo und mir würde über die Normalroute durch das Couloir auf den Gipfel steigen, die andere Gruppe mit Daniel und Martin würden sich am technisch schwierigeren Südwestgrat versuchen.
Am nächsten Tag liefen wir bei Tagesanbruch los und trennen uns bei ca 2560m.
Gruppe 1:
Das Bedingungen waren ideal. Der Schnee lag sogar noch im steilen Stück unter dem Couloir und hatte gerade noch eine genügende Festigkeit. Man konnte den Einstieg problemlos sehen. Daher machten wir an der Schneegrenze eine kurze Pause und zogen die Steigeisen an. Andri hatte Martins Steigeisen vom vorangehenden Jahrhundert und es fehlte wohl auch etwas die Übung, so dass sich das Einfädeln etwas umständlich gestaltete.
Ausgerüstet und gestärkt nahmen wir nun das schneebedeckte Couloir (ohne Seil aber mit Pickel) in Angriff. Flo stieg voraus, Andri in der Mitte und ich hinten um abzusichern. Von weitem sah das Couloir jeweils sehr eindrücklich aus und ich habe mir immer ausgemalt, wie es wohl ist, wenn man da am Berg ist. Ist man erstmal drin, ist es in erster Linie steil, lang, aber durchaus machbar. Die grösste Gefahr geht vom Steinschlag aus, daher empfiehlt es sich, das Couloir in schneebedecktem Zustand hinaufzuklettern. Und heute waren die Bedingungen ideal. Schnaufend kletterten wir hoch und erreichten bald den Ausgang. Von dort über den Boden weiter hinauf bis zum Grat. Vom Grat aus kann man etwas klettern, oder rechts vorbei über ein steiles Schneefeld. Wir wählten das Schneefeld, welches fast ein bisschen zu vereist war. Mit den Steigeisen und dem Pickel war das aber kein Problem. Das letzte Stück lässt sich leicht erwandern und schon waren wir oben. Verwundert stellten wir fest, dass Daniel und Martin auch schon oben waren. Teufelskerle.
Gruppe 2:
Glücklich verabschiedeten Daniel und Martin sich von den anderen drei Dummschwätzern und zogen sehr mühsam und steil in Richtung Scharte neben dem Punkt 3035. Dort seilten wir uns an, denn die Abgründe in Richtung Val Lavinuoz waren doch beträchtlich. Unklar über den genauen
Routenverlauf klettern wir mit ein Altschnee bedeckte Geröllrinnen aber auch schönen festen Fels auf der östlichen Gratseite über verschiedene Aufschwünge, bis wir uns entschlossen, entgültig dem Grat zu folgen. Nach der Scharte war die Kraxelei ein wenig heikel, danach ein Stück
weit doch ziemlich steil, am Schluss Richtung Gipfel doch eher flach. 50 Meter vor dem Gipfel angekommen keine Spur von unseren Kameraden, nur die anderen Seilschaften konnten wir beim Abstieg beobachten. Nach gefühlten 45 Sekunden erblicken wir plötzlich Flos Kopf aus dem letzten
steilen Aufstieg hervorragen. So erreichten wir fast auf die Minute genau den Vorgipfel und konnten gemeinsam den Gipfel besteigen.
Den Abstieg nahmen wir zusammen in Angriff. Es war nun bedeutend wärmer und der Schnee war sehr weich. Ideal für den Abstieg. Das ganze verlief Problemlos und bald waren wir wieder in der Hütte. Es war vollbracht! Was damals allerdings niemand wusste, es war Martins 100-te Tour. Herzliche Gratulation an dieser Stelle! Ebenfalls zu erwähnen ist die ausgeprägte Gastfreundschaft des Hüttenwirts der Linard-Hütte. Zusammen mit der schönen Lage ist die Hütte ein echter Geheimtipp.